Mütter mit Kindern im Knast: Einheitliche Konzepte fehlen
Berlin (2mind) – 250 Babys kamen von 2017 bis 2022 in Justizvollzugsanstalten zur Welt. Das berichtet die Bundesarbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe (BAG-S), die sich in einer Studie mit dem Mutter-Kind-Vollzug in Deutschland befasst hat. Dazu hatte der Verband 2023 die Justizministerien der Länder befragt. Die Geburtszahl ist eine Schätzung, weil nicht alle Bundesländer exakte Zahlen zur Verfügung stellen.
Ein weiteres Ergebnis: Deutschlandweit stehen 160 Haftplätze für Mütter mit Kindern zur Verfügung; in Nordrhein-Westfalen sind es 16 Plätze im offenen Vollzug. Die Belegung dieser Plätze entwickelt sich rückläufig. So waren in NRW 2017 insgesamt 17 und 2022 noch acht der 16 Plätze belegt.
Voraussetzung für eine gemeinsame Unterbringung im Justizvollzug ist die Erziehungsfähigkeit der Mütter. Dazu muss eine schriftliche Stellungnahme des Jugendamtes sowie die Kostenübernahmeerklärung durch das Jugendamt vorliegen. Die inhaftierten Mütter werden in Einzel- und Gruppengesprächen zu den Entwicklungsphasen von Kindern sowie zu Kinderernährung und -pflege beraten und bei Vorsorgeuntersuchungen begleitet. Dabei werden Mitarbeiterinnen externer Jugendhilfeträger und Hebammen eingebunden. Auch die Haftzeit der Mütter spielt eine Rolle: In Berlin etwa darf sie nicht länger als zwei Jahre betragen.
Die BAG-S fordert, dass die Unterbringung in einer Mutter-Kind-Abteilung bundesweit einheitlich konzipiert werden muss und nur dann erfolgen darf, wenn alle Maßnahmen der Haftvermeidung ausgeschöpft sind. Die BAG-S-Geschäftsführerin Christina Müller-Ehlers erklärte dazu jüngst in einem Interview mit dem „Netzwerk Kinder“: „Derzeit variieren die Regelungen und die Qualität der Unterbringung je nach Bundesland stark. Diese Ungleichheit führt zu einer Ungerechtigkeit, da die Chancen auf eine angemessene Unterbringung von Müttern und Kindern stark vom Wohnort abhängen.“
Die BAG-S-Studie „Herausforderungen und Perspektiven im Mutter-Kind-Vollzug des deutschen Strafvollzugssystems“ > als PDF zum Download